Mein Material

„Noch immer bin ich betört vom Duft der Gerbsäure“

Holz – allein der Geruch lässt mich ins Schwärmen geraten.

Als Kind lag ich am liebsten auf den frisch geschnittenen Bretterstapeln des nahegelegenen Sägewerkes. Das war zwar streng verboten, doch das konnte mich nicht abhalten, den harzigen Geruch der Fichten, Tannen  und Kiefern tief in mich aufzusaugen. Auch der frische Gerbsäureduft der Eichen hatte es mir angetan.

Sobald ich alt genug war, ein Messer in der Hand zu halten, fand ich heraus, dass sich Holz wunderbar bearbeiten lässt. Malen und Zeichnen befriedigten mich nicht, da ich immer wissen wollte, wie das, was ich gezeichnet oder gemalt hatte, von hinten aussieht. Also schnitzte ich Männlein und Waffen. Auch für Freunde.

Josef Lang bei der Arbeit an einer Figur; Foto: Martin Hangen

Josef Lang bei der Arbeit an einer Figur
© Foto: Martin Hangen

Dabei lernte ich Holz und den Umgang damit immer besser kennen. Lernte mit der Faserrichtung zurecht zu kommen, mit der Faser zu schneiden, quer dazu und mit ganz scharfen Messern auch gegen die Faser.

Ich probierte verschiedene Holzarten aus. Die Fichte war das gebräuchlichste Holz, das bei uns als Brennholz oder Abfallholz herumlag. Die Linde, ein sehr dichtes und weiches Holz, eignet sich hervorragend für feine Schnitzarbeiten. Eiche ist sehr hart und linear strukturiert. Jedoch allein schon der Schnitt eines scharfen Eisens erzeugt eine glänzende Oberfläche.

Sternenpflücker, 2015, Eiche, rot lackiert, 400 x 94 x 90 cm, © Foto: Martina Strilic

Sternenpflücker, 2015, Eiche, rot lackiert, 400 x 94 x 90 cm
© Foto: Martina Strilic

Später kam es mir nicht mehr so sehr darauf an. Mein Werkzeug wurde die Kettensäge und mein Material die Eichenstämme von 3 bis 6 m Länge und einem Durchmesser von bis zu 170 cm. Im Staub des Eichenholzes und dem Gestank der Motorsäge wühle ich mich in das Holz hinein und immer noch betört mich der Duft der Gerbsäure.


Josef Lang in seinem Atelier; Foto: Anita Brockmann
Josef Lang in seinem Atelier, Foto: Anita Brockmann

Josef Lang,
geboren 1947 in Bad Tölz,
lebt und arbeitet in Denklingen.
www.joseflang-bildhauer.de

0 Kommentare
Kommentare einblenden

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Beitrag beinhaltet ein Video

Hintergrund

Die Sehnsucht nach der Figur

Der Bildhauer Josef Lang