Kolumne

Vom Flügelschlag des Schmetterlings

Das Jahr neigt sich dem Ende zu, ist bald Vergangenheit – um mit dem Neujahrstag wieder frisch und in neuem Gewand zu erwachen. Eine Wiederholung seit Anbeginn der Zeit, ein Kommen und Gehen, in modum aeternum, und jedes Mal aufs Neue geprägt von Hoffnungen und Wünschen für das Unbekannte, das vor uns liegt. Farbenprächtiges Symbol für einen solchen wiederkehrenden Zyklus aus Werden, Wachsen und Wandel ist ein zartes Wesen, das wir gemeinhin nicht in der Winterzeit verorten: der Schmetterling.

Schmetterlinge gehören eigentlich zum Sommer. Dann gaukeln sie durch die Sonne, bunt und vielgestaltig; allein in Mitteleuropa kennt man etwa 4.000 Arten. Sie können nützlich sein, schädlich für Pflanzen oder gar giftig, sie tarnen sich geschickt oder leuchten in vielen Farben. So wie das Jahr vier Jahreszeiten hat, umfasst der Lebensreigen des Schmetterlings vier Zyklen, die mit dem Ei beginnen, sich über die Raupe hin zur Puppe fortsetzen und mit dem Falter ihren Abschluss finden. Seit Jahrhunderten gelten sie als regelrechte Sympathieträger – und dies nicht ohne Grund.

Der Schmetterling findet sich schon in mythologischen Beschreibungen: Das altgriechische Wort „Psyche“ (ψυχή) steht sowohl für die Seele als auch für den Schmetterling – was für die Bedeutung des Neuflüglers tief blicken lässt. Dementsprechend zeigt sich sowohl in der griechischen als auch in der römischen Mythologie die Seele mit Schmetterlingsflügeln, lautlos und unsterblich zugleich. Wiedergeburt, Neuanfang, Transformation und Vergehen werden bis heute mit seinem außerordentlichen Lebenszyklus in Verbindung gebracht. Vor allem die Kunst nutzt das Symbol des Schmetterlings in diesem Sinne: Schmetterlinge gehören beispielsweise zu den beliebtesten Sujets des britischen Malers und Bildhauers Damian Hirst, und der spanische Künstler Jorge Rando, international renommierter Vertreter des nuevo expresionismo, hat ihnen den umfangreichen Werkzyklus Mariposas gewidmet.

Als Glücksbringer kommt dem Schmetterling besondere Bedeutung zu. Ein wunderschöner Brauch existiert unter anderem auf Hawaii: Dort vertraut man dem Schmetterling seine Wünsche an, die er mit lautlosem Flügelschlag in den Himmel trägt, um sie wahr werden zu lassen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass auch Ihre Wünsche für das kommende neue Jahr dergestalt in die Lüfte getragen werden – um allesamt in Erfüllung zu gehen.

Ein glückliches und gesundes Jahr 2024 wünscht

Sabine Burbaum-Machert

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