Ausstellung

Was zum Schaffen drängt …

Der Expressionismus und seine Folgen

Mit der Ausstellung „Was zum Schaffen drängt… Der Expressionismus und seine Folgen“ zeigt das Märkische Museum Witten erstmalig in einer großen, zusammenhängenden Präsentation seinen umfangreichen Bestand an Kunstwerken des Expressionismus und zeitnaher Strömungen. Rund 150 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken aus dem Depot des Museums verdeutlichen das vielfältige Schaffen der Künstler*innen von 1900 bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Was wir heute als selbstverständlich und hohe Kunst ansehen – die avantgardistischen Neuerungen in der Ausdrucksweise, den Umgang mit Farbe und Fläche, die radikale Subjektivität und Wiedergabe von psychologischen Empfindungen und Lebensrealitäten – begegnete wie viele andere Innovationen zunächst einer Ablehnung in der Allgemeinheit. Doch schnell hat sich diese Kunstrichtung etabliert, fand ihre Förder*innen und hielt Einzug in Ausstellungen und Museen. Mit ihren Werken geben die Künstler*innen einen Einblick in ihre Zeit und das, was sie zum Schaffen und zur Reflektion anregte: Neben den traumatischen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, den gesellschaftlichen Umbrüchen durch die Industrialisierung in den Großstädten und die Wirtschaftskrisen, die vielfach zu Elend und Armut führten, sind es insbesondere auch die Sehnsucht nach alternativen Lebensformen im Einklang mit der Natur sowie die psychologische Ergründung der menschlichen Existenz.

Viele Themen des Expressionismus – wie beispielsweise die Sichtbarkeit von Armut in der Großstadt, die Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt, aber auch die Sehnsucht nach der Landschaft und einer harmonischen Verbindung mit der Natur – sind nach wie vor aktuell und werden durch das künstlerische Schaffen vor Augen geführt. So stellt die Ausstellung durch Referenzwerke aus dem Bereich der zeitgenössischen Fotografie eine Verbindung der Zeit zu Beginn des 20. Jahrhundert mit der Gegenwart her.

Ernst Ludwig Kirchner, Dorf am Kanal, 1913, Aquarell, 50 x 59 cm, Märkisches Museum Witten, Foto: Eric Jobs, Hattingen

Ernst Ludwig Kirchner, Dorf am Kanal, 1913, Aquarell, 50 x 59 cm, Märkisches Museum Witten
Foto: Eric Jobs, Hattingen

Eine thematische Strukturierung der Exponate mit dazugehörendem Dokumentationsmaterial erscheint grundlegend sinnvoll und vermittelt lebhaft und eindringlich Werk, Zeit und kulturhistorische Besonderheiten an die Besucher*innen. Der gesamte Sammlungs- und Wechselausstellungbereich des Hauses stellt von den Anfängen des Expressionismus über seine Diffamierung als „entartete Kunst“ während des NS-Regimes bis zu seinem großen Einfluss auf die künstlerischen Äußerungen nach 1945 heraus. Im Altbau wird im ersten Raum über die Zeit des Expressionismus und die in der Ausstellung präsentierten Künstler*innen berichtet.

Heinrich Campendonk, Melkerin, 1919, Öl auf Leinwand, 62 x 92 cm, Märkisches Museum Witten, Foto: Ferdinand Ullrich, Recklinghausen © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Heinrich Campendonk

Heinrich Campendonk, Melkerin, 1919, Öl auf Leinwand, 62 x 92 cm, Märkisches Museum Witten
Foto: Ferdinand Ullrich, Recklinghausen © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Heinrich Campendonk

Dem schließen sich in den Seitenräumen und im Mittelschiff Themenbereiche zum „Porträt – Erkundung der menschlichen Psyche“, unter anderem mit Werken von Peter August Böckstiegel, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Hofer an. In der großen Apsis des Raumes begegnet den Besucher*innen der Zirkusreiter von Hermann Max Pechstein sowie weitere Arbeiten zu „Verführerisches Nachtleben“, beispielsweise von Max Beckmann, Erich Heckel und zeitgenössische Fotografien von Andreas Rost. „Die Welt im Umbruch – Krieg, Armut und soziale Ungerechtigkeit“ konfrontiert die Betrachter*innen mit drastischen und entwaffnend deutlichen Bildinhalten von Käthe Kollwitz und Otto Dix.

Ida Kerkovius „Stillleben mit Pferdchen und Blumentopf“ , 1951, Öl auf Leinwand, 51 x 61 cm, Märkisches Museum Witten, Foto: Eric Jobs, Hattingen

Ida Kerkovius „Stillleben mit Pferdchen und Blumentopf“ , 1951, Öl auf Leinwand, 51 x 61 cm, Märkisches Museum Witten
Foto: Eric Jobs, Hattingen

In den sechs Räumen auf der zweiten Etage des Märkischen Museums geht es dann inhaltlich etwas leichter zu: Hier wird sich mit „Landschaft und Natur – Die Sehnsucht nach dem Paradies“ und „Bäuerlichem Leben“ befasst. Bedeutende Gemälde von Gabriele Münter, Paula Modersohn-Becker und Heinrich Campendonk sind hier neben Arbeiten von Eberhard Viegener und Otto Pankok zu sehen. In den letzten Räumen verweisen Werke von Willi Baumeister, Gustav Deppe und Ida Kerkovius auf die Nachwirkungen des Expressionismus und verbildlichen zudem die Auflösung des Raumes und den Übergang in die Abstraktion.

Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten, Foto: Märkisches Museum Witten
Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten Foto: Märkisches Museum Witten
Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten, Foto: Märkisches Museum Witten
Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten Foto: Märkisches Museum Witten
Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten, Foto: Märkisches Museum Witten
Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten Foto: Märkisches Museum Witten
Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten, Foto: Märkisches Museum Witten
Ausstellungsansicht „Was zum Schaffen drängt … Der Expressionismus und seine Folgen“, Märkisches Museum Witten Foto: Märkisches Museum Witten

Ort und Laufzeit
Bis 7. April 2024
Märkisches Museum Witten, Husemannstraße 12, 58452 Witten

Öffnungszeiten
Mittwoch bis Sonntag 12.00-18.00 Uhr

Internet
Märkisches Museum Witten

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Das Märkische Museum Witten verfügt über eine Sammlung mit rund 5.000 Werken deutscher Malerei und Grafik des 20. Jahrhunderts. Einen Schwerpunkt bildet das deutsche Informel. Die wichtigsten Protagonisten, wie zum Beispiel K.O. Götz, Peter Brüning, Winfred Gaul, Gerhard Hoehme, Emil Schumacher, Fred Thieler und viele andere, sind in der Sammlung vertreten. Das Museum spiegelt die Entwicklungen der Abstraktion in der Kunst in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Ein ausgesuchter Bestand an Werken der Expressionisten bildet den Grundstock der Sammlung. Neben den wechselnden Sammlungspräsentationen stellen die Ausstellungen zeitgenössischer Kunst einen weiteren Schwerpunkt des Hauses dar. Hierbei werden aktuelle Entwicklungen der deutschen und internationalen Gegenwartskunst vorgestellt.

[Foto: Jörg Fruck]

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