Ausstellung

„The public has a right to art“

Museum Folkwang zeigt große Haring-Retrospektive

Seine tanzenden Männchen, bellenden Hunde und fliegenden Untertassen sind unverwechselbar, und seine Motive besitzen eine bis heute ungebrochene Popularität: Keith Haring (1958–1990) gehörte zu den zentralen Künstlerpersönlichkeiten der 1980er-Jahre. Sein Werk ist inspiriert von der US-amerikanischen Populärkultur, gelangt aber sehr früh zu einer gänzlich eigenen, künstlerischen Strategie, die traditionelle bildnerische Medien wie Zeichnung und Malerei ebenso umfasst wie Fotografie, Video und Performance. Das Museum Folkwang in Essen zeigt bis zum 29. November 2020 eine umfassende Retrospektive, die ihn nicht nur als Künstler, sondern auch als Performer, Aktivist und Netzwerker präsentiert.

Keith Harings Stil entsprang der Dynamik einer Zeit, die von Urbanität, Undergroundkultur, Raumfahrt, Robotik und Videospielen geprägt ist. Inspiration fand er unter anderem in der zeitgenössischen Kunst, der chinesischen Kalligrafie und in den Graffitis der Straße. Die Ausstellung versammelt seine frühen Zeichnungen und Experimente mit Video und Performance sowie großformatige Gemälde auf Papier, Leinwand und Vinyl, darunter seine populärsten Bilderfindungen wie das Radiant Baby und den Barking Dog.

Als Teil der New Yorker Künstler-, Club- und Schwulenszene baute sich Haring ein großes Netzwerk auf, welches er immer wieder für künstlerische und aktivistische Kooperationen nutzte. So arbeitete er mit Künstlern wie Jean-Michel Basquiat und Andy Warhol zusammen und kollaborierte mit Größen aus Musik und Mode wie Madonna, Grace Jones, Vivienne Westwood und Malcolm McLaren, für die er Designs und Bühnenbilder entwickelt. Kleidungsstücke aus der Witches-Collection von Westwood und McLaren, die Haring mitgestaltete, werden in der Schau ebenso gezeigt wie Videos mit Madonna oder dem Tänzer Bill T. Jones, an denen Haring mitgewirkt hat. Veranschaulicht wird ebenso der Performance-Aspekt von Harings Arbeit, angefangen von den Kreidezeichnungen in der New Yorker Subway bis hin zur Zusammenarbeit mit dem Künstler und Fotografen Tseng Kwong Chi, der Harings Vorgehensweise dokumentierte.

In seiner konsequenten Hinwendung zu Erscheinungsformen der post-modernen Großstadt und ihren heterogenen sozialen und kulturellen Milieus führte Haring den seit den 1960er-Jahren betriebenen Auszug der Kunst aus dem Museum radikal weiter. Harings Kunst erlangte im Zuge der Graffiti-Kunst und Subkultur große Popularität, der Begriff „Street Art“ bezeichnet jedoch nur einen Teilaspekt seiner künstlerischen Absichten. Harings selbst formulierter Anspruch war es, eine Kunst zu schaffen, die zugänglich ist, das heißt für alle sichtbar und verständlich: „Die Entscheidung ist eine grundsätzliche. Ist Kunst nur für einige wenige Gebildete da, oder ist Kunst für alle Menschen da?” In seinen Zeichnungen, Gemälden, Objekten und Arbeiten im öffentlichen Raum verband Haring daher originär künstlerische Interessen mit ästhetischen Phänomenen der Globalisierung und Digitalisierung und fand Bilder für eine Gesellschaft im Wandel.

Mit seinen Werken reagierte Haring auf drängende Themen seiner Zeit wie politische Diktaturen, Rassismus, Homophobie, Drogensucht, Aids, Kapitalismus und Umwelt. Seltenes, zum Teil noch nie gezeigtes Archivmaterial, Flugblätter, Manuskripte, Film- und Fotoaufnahmen veranschaulichen sein soziales und politisches Engagement und lassen den Geist jener Zeit wiederauferstehen. Darüber hinaus macht der Nachbau einer von Hip-Hop-Musik begleiteten Schwarzlicht- Installation von 1983 Harings Interesse an innovativen Präsentationsformen von Kunst erfahrbar.

Keith Haring starb im Jahr 1990 im Alter von nur 31 Jahren an den Folgeerkrankungen von AIDS. Zeit seines Lebens ging er offensiv mit seiner Homosexualität und seiner HIV-Infektion um und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Enttabuisierung der Krankheit. Als Künstler verlieh er universellen Begriffen von Geburt, Tod, Liebe, Krieg und Anteilnahme unverwechselbaren Ausdruck und schuf ein OEuvre, das heute so relevant ist wie zur Zeit seiner Entstehung.

Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit der Keith Haring Foundation, der Tate Liverpool sowie dem BOZAR, Centre for Fine Arts Brüssel, realisiert.


Ausstellung
bis 29. November 2020
Keith Haring

Begleitende Ausstellung
bis 29. November 2020

Rettet die Liebe!
Internationale Plakate gegen AIDS

Begleitend zur Retrospektive Keith Haring zeigt das Museum Folkwang die Aus stel – lung „Rettet die Liebe! Inter nationale Plakate gegen AIDS“ (bis 29. November 2020): Bis heute ist AIDS eine globale Gefahr, trotz weltweiter Informations- und Aufklärungskampagnen. Erst ab Anfang der 1980er-Jahre wird über die Krankheit berichtet, dabei spielt das Medium Plakat eine wichtige Rolle. Die Ausstellung zeigt an rund 300 Plakaten die unterschiedliche Ansprache in den Kulturen – mal witzig, mal schockierend oder aufklärend.

Kontakt
Museum Folkwang
Museumsplatz 1, 45128 Essen
www.museum-folkwang.de

Besucherbüro
Tel. +49-(0)201-8845444
info@museum-folkwang.essen.de

Online-Tickets
museum-folkwang.ticketfritz.de

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Profile

Das Museum Folkwang wurde 1902 von Karl Ernst Osthaus (1874–1921) in der westfälischen Industriestadt Hagen gegründet. Aus seinen Anfängen als Kunstsammlung mit naturkundlichen und kunstgewerblichen Abteilungen hat es sich in kürzester Zeit zum wegweisenden Museum für moderne Kunst in Deutschland entwickelt. Das Museum Folkwang erwarb und zeigte als erste öffentliche Sammlung in Deutschland Werke der Wegbereiter der Moderne Cézanne, Gauguin, van Gogh und Matisse. Nach dem Tod des Museumsgründers im Jahre 1921 wurde die Sammlung Osthaus vom neu gegründeten Folkwang-Museumsverein, einer fortschrittlichen Initiative kunstbegeisterter Essener Bürger, für die Stadt Essen erworben und 1922 mit dem seit 1906 bestehenden Städtischen Kunstmuseum zum Museum Folkwang vereinigt. Das Museum Folkwang ist heute eines der renommiertesten deutschen Kunstmuseen mit herausragenden Sammlungen der Malerei und Skulptur des 19. Jahrhunderts, der klassischen Moderne, der Kunst nach 1945 und der Fotografie, die seit 1979 als eigene Abteilung existiert.

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