Buchtipp

Leuchtendes Gift

Im 19. Jahrhundert brachte Arsen Farben und Tapeten zum Strahlen

Grün steht für Natur, Wachstum und Fruchtbarkeit, damit ist die Farbe grundsätzlich positiv besetzt. Einen allzu intensiven Farbton allerdings bezeichnet man als Giftgrün. Diese negative Assoziation hat mehrere Gründe. Einer liegt im Arsen, das die Leuchtkraft von Farben vor fast zweihundert Jahren verstärkte.

 

 

Auch Rot, Gelb oder Blau erhielten durch die Zugabe von Arsen eine besondere Strahlkraft, mit Grün allerdings nahm die Anwendung giftiger Farben vor allem in den Tapeten des 19. Jahrhunderts ihren Anfang. Damals machte sich der Fabrikant Wilhelm Sattler daran, das von dem deutsch-schwedischen Chemiker Carl Scheede entwickelte Grün zu verbessern, ein intensiv grünes, aus Kupferarsenit hergestelltes Pigment. 1814 schuf Sattler „in seiner Schweinfurter Farben- und Bleiweißfabrik einen beständigeren und sogar noch leuchtenderen Grünton, für den er Arsen und Grünspan verwendete. Das Schweinfurter Grün, auch Pariser Grün oder Smaragdgrün genannt, wurde bei Malern, Stofffabrikanten, Tapetengestaltern, Färbern und Konditoren ausgesprochen beliebt“, heißt es in Lucinda Hawksleys Buch „Gefährlich schön“. Zu ihnen gehörte auch der berühmte William Morris, dessen Tapetendesigns noch heute verkauft werden und der selbst Besitzer von Arsenminen in England war. Die giftige Wirkung von Arsen war zwar bekannt, doch aller Warnungen zum Trotz fanden die Wandbekleidungen
und -farben europaweit reißenden Absatz, denn „für die Hersteller von Farben und Färbemitteln war Arsenik ein billiger Rohstoff, der die Brillanz und Haltbarkeit der Pigmente steigerte, besonders auf Tapeten.“

Solche und viele andere interessante Fakten trägt die Autorin anschaulich und unterhaltsam zusammen. In sieben reich bebilderten Kapiteln spürt sie der Geschichte des Arsens als Mordinstrument, Haushaltsgift, Heilmittel und Leuchtkraftverstärker von Farben nach. Entstanden ist ein informatives bibliophiles Kunstwerk, dessen üppige Ausstattung der Anmutung entspricht, die den darin präsentierten Tapetenmustern eigen ist: 275 extravagant gemusterte oder mit großflächigen Panoramabildern versehene Tapeten von den besten Gestaltern ihrer Zeit, die im 19. Jahrhundert produziert und in modernen Laboren positiv auf Arsen getestet wurden, werden darin großzügig präsentiert. Diese Bildtafeln sind nach den in den Tapetenmustern dominierenden Farben unterteilt und werden durch eingebundene Heftchen voneinander getrennt, von denen jedes einem Kapitel entspricht. Diese besondere Ausstattung macht das Buch zu einem Juwel für alle Buch- und Designliebhaber!

Der Autor
Lucinda Hawksley ist Expertin für die Kunst der Präraffaeliten und des Ästhetizismus. Sie schreibt über Sozialgeschichte, Literatur sowie über Leben und Werk ihres Urururgroßvaters Charles Dickens und hat bisher über zwanzig Bücher veröffentlicht.

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