Buchtipp

Kunst unterrichten

Klaus-Peter Busse (*1953) ist Professor für Kunstdidaktik an der TU Dortmund. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Übertragung maßgeblicher künstlerischer und kultureller Denk- und Handlungsroutinen in den schulischen Kunstunterricht. In seinem Buch „Kunst unterrichten“ entwickelt er ein Modell, mit dessen Hilfe kunsthistorische Objekte und künstlerische Handlungen für Vermittlungsprozesse in Schulen, Hochschulen, Museen und im öffentlichen Raum erfassbar sind. boesner hat Klaus-Peter Busse zu seinem Buch befragt.

boesner: Herr Busse, es gibt zahlreiche kunstdidaktische Fachbücher. Was zeichnet Ihre Publikation aus?

Klaus-Peter Busse: Das Buch fasst die aktuelle kunstdidaktische Debatte zusammen und setzt neue Impulse. Es macht deutlich, an welchen Stellen Fehlentwicklungen im Kunstunterricht stattgefunden haben und wie man sie korrigieren kann. So soll die Grundlage für eine gemeinsame Sprache zwischen jungen Studierenden, Referendaren, Lehrern und Personen in der Lehrerausbildung geschaffen werden, um darüber den Unterricht zu verbessern.

boesner: Der Untertitel Ihrer Publikation lautet: „Die Vermittlung von Kunstgeschichte und künstlerischem Arbeiten“. Das sind zwei unterschiedliche Diskurssysteme. Wie funktioniert Ihr Ansatz im Umgang mit dieser doppelten Aufgabe für den Kunstunterricht?

Busse: Kunstunterricht, wie man ihn beobachten kann, vermischt beide Diskurssysteme, was fachgeschichtliche Gründe hat. Zugespitzt formuliert: Schüler und Schülerinnen lernen ein Gemälde Jan Vermeers kennen, indem sie es in einen impressionistischen Stil umwandeln. Oder: Sie malen die Halden im Ruhrgebiet im Stil von Cézanne. So funktioniert aber der Umgang mit Kunst in unserer Kultur nicht, denn die Kunstgeschichte untersucht Kunst, während sie im künstlerischen Arbeiten erst entsteht. Man muss beide Bereiche mit den jeweils besonderen Methoden getrennt unterrichten, bevor man sie in einen Zusammenhang stellt, den es ja gibt.

boesner: Finden sich in Ihrem Buch auch Vorschläge für die praktische Umsetzung Ihres Ansatzes?

Busse: Das Buch vermittelt den Rahmen für Unterrichtsplanungen und keine Rezepte. Es setzt die eigenständige Handlungsfähigkeit von Lehrerinnen und Lehrern voraus. Die sorgfältig ausgewählten Abbildungen und das Literaturverzeichnis geben aber Hinweise, wie wir gemeinsam mit Studierenden und Schulen das Handlungsmodell erprobt und abgesichert haben.

boesner: Inwiefern orientiert sich das Buch an Curricula und Lehrplänen?

Busse: Es gibt sehr unterschiedliche Vorgaben der Bundesländer für den Kunstunterricht. Dort kann man einen Konsens über das kunstdidaktische Lehren und Lernen feststellen. Von diesen Kompetenzprofilen geht das Buch aus. Es will aber auch einen Beitrag zur Revision des Curriculums leisten. Deswegen geht es über bestehende Lehrpläne hinaus.

boesner: Wie sollte Kunstunterricht heute idealerweise aussehen?

Busse: Kunstunterricht ist der Ort, der das kulturelle Erbe im Umgang mit Kunst sichert, eine Debatte darüber öffnet und Verantwortung gegenüber den kulturellen Objekten erzeugt. Gleichzeitig sollen junge Menschen die Möglichkeit haben zu lernen, wie man sich mit künstlerischen Methoden über die eigene Welt äußert, um damit an der Verhandlung und Gestaltung von Kultur teilzunehmen.

boesner: Worin sehen Sie zukünftige Aufgaben und Herausforderungen für den Kunstunterricht?

Busse: Die Vermittlung von Kunstgeschichte und des künstlerischen Arbeitens ist der Umgang mit Fremdheit, Diversität, historischer Distanz und Zeitgenossenschaft. Sie macht die unterschiedlichen Kunstbegriffe erkennbar, die unseren Umgang mit Kunst steuern. Wenn Kinder und Jugendliche damit handeln können, sind sie auf alle Entwicklungen in der Kunst und in ihrer Debatte vorbereitet.

boesner
: Herr Busse, wir danken Ihnen für dieses Interview.

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