Buchtipp

Mit Charme und Scheppness

Ramona Zirks Krummtiere ermuntern Kinder und Eltern zum Zeichnen und Malen

In den an Kinder und ihre Eltern gerichteten Büchern von Ramona Zirk gibt es keine Norm, gibt es kein Richtig oder Falsch. Hier ist alles schief, unproportional und eine Portion zu dick – schepp eben. Unterstützt von den krumm und unproportioniert gemalten Tieren folgen sie keiner Norm, sondern regen zum Machen an. Ohne viel Blabla. „Kopf aus, Stift an!“, lautet das Motto von Ramona Zirk. Was zählt, ist der Spaß, wenn sich der Kopf von den Fingern löst und die Kinder ohne Zögern mit dem Malen beginnen.

Mit ihren beim Halfbird-Verlag erschienenen „Wegefinderbüchern“ weckt die Illustratorin bei Groß und Klein die Freude am Zeichnen und Aquarellieren. Als 2022 mit „Mal mit mir ein Krummtier“ der erste Band der Krummtier-Bücher erschien, brauchte es nicht mehr als einen Stift. Denn hier wird in das Buch gezeichnet, um die Angst vor dem „Nicht-Können“ zu zerstreuen und den Weg zu einem eigenen Stil zu eröffnen.

„Aquarellier mit mir ein Krummtier“ ist eine Weiterführung des ersten Buches. Es erweitert die Möglichkeiten des Illustrierens um den Faktor Wasserfarben. Dafür werden Pinsel, Papier, Bleistift und Aquarellfarben benötigt. Das Buch möchte Mut machen, sich in das Abenteuer Farbe zu stürzen und sich daran auszuprobieren. 32 Krummtier-Motive zeigen, wie Tiefe entstehen kann und warum Buntstifte Wasserfarben perfekt ergänzen.

Dem Charme der Zirk’schen Krummtiere und dem einfachen, mutmachenden Konzept ihrer Bücher kann man sich kaum entziehen. Es wirkt bei Kindern und Erwachsenen, die unbeschwert und entspannt malen wollen, auch wenn sie meinen, das nicht zu können. Damit ist es geeignet für Kinder, die Zeichenhemmungen haben. Und für Erwachsene, die dazulernen wollen sowie für alle, die gemeinsam Spaß am Malen erleben möchten. Das Ganze gibt es nachhaltig und auf 100% Altpapier in Deutschland gedruckt.

Was es mit den Krummtieren und mit ihren Büchern auf sich hat, erklärt Ramona Zirk in unserem Interview.

boesner: Ramona, du hast ein ganzes Repertoire schepper Tierfiguren. Wann hast du die ersten dieser charmanten Wesen zu Papier gebracht? Und wann hast du bemerkt, dass sie Herzen öffnen?

Ramona: Wann genau die ersten scheppen Tierchen aus mir herauskamen, kann ich gar nicht so genau sagen, aber es müsste vor etwa zehn Jahren gewesen sein. Dass diese krummen Kerle aber die Herzen von wirklich vielen Kids und Eltern erobern, das habe ich erst so richtig im November 2021 gemerkt. Wir waren damals auf Familienwochenende mit unseren und den Kindern meiner Schwester. Und ehe alle Erwachsenen am Frühstückstisch ankamen und entspannt frühstücken wollten, waren die Kids natürlich bereits vollgefuttert, starteten damit, dass sie doch bitte jetzt beschäftigt werden wollen und wurden ausgesprochen quengelig. Ein entspanntes Essen stand also in weiter Ferne und so beschloss ich, mit Ihnen einfach gemeinsam Tiere auf den Hotelblock zu malen bis alle Erwachsenen entspannt gefrühstückt hatten. Aus vier begeisterten Kids neben mir wurden bald zehn, weil sich noch einige vom Nachbartisch dazugesellt hatten. Wir malten bis kurz vor dem Mittagessen ;D.

boesner: Wer oder was hat dich auf die Idee gebracht, Bücher zu veröffentlichen, die mithilfe deiner scheppen Tierfiguren zum Zeichnen und Aquarellieren anregen?

Ramona: An diesem Morgen im Hotel entstand die Idee zu einem Buch, denn wir hatten Kids von 3-11 Jahren am Tisch und ALLE haben mitgemalt. Auch die, die der Meinung waren, dass sie nicht malen könnten. Ich war so beeindruckt von den charakterstarken Wesen, die entstanden – allen voran the one and only „Dackel Detlef“ –, dass ich fand, es sei an der Zeit ein Buch dazu zu machen, um den Kids die Angst beziehungsweise den Druck vom „Losmalen“ zu nehmen und zu zeigen, dass zu große Bäuche oder zu kurze Beine absolut salonfähig sind und dass Perfektion keinen Charakter hat – Scheppness aber schon.

Am Nachmittag bei der Wanderung durch den Wald grübelte ich über einen Titel (meine Familie hat mich verflucht, weil ich ständig laut vor mich hinbrabbbelte) bis es endlich rauskam: Mal mit mir ein Krummtier. Die Geburtsstunde!

Das Buch schlug ein und hat so manch einem Kind und Erwachsenen gezeigt, dass es kein „Ich kann nicht malen“ gibt. Es gibt nur ein „ich weiß noch nicht wie“. Und weil ich einfach schon sehr lange mit Wasserfarben illustriere und es liebe, jedem Tier so Leben einzuhauchen und es zu Charakteren mit Namen zu machen, entschied ich, dass ebenfalls an andere weiterzugeben. Und so entstand zwei Jahre später die „Aquarellier mit mir ein Krummtier“-Version.

boesner: Wie lautet dein pädagogischer Ansatz? An wen richtest du dich mit den Büchern?

Ramona: Haha! Ich muss lachen! Denn wenn ich eines NICHT bin, dann pädagogisch. Ich habe einfach einen argen innerlichen Antrieb, andere Menschen anzustecken mit Dingen, die mich wirklich glücklich machen. Und das sind Dinge, die durch meine Hände entstehen. Allem Voraus das Malen. Durch meine Follower*innen auf Instagram und auch durch meine eigenen Kinder habe ich festgestellt, dass es für viele Menschen nicht selbstverständlich ist, etwas selbst mit den Händen zu machen. Da stecken häufig starke Selbstzweifel in Vielen. Sei es aus Angst vor Perfektion, dem Versagen, dem Nicht-wissen-wo-anfangen… Ich weiß gar nicht, warum es diesen Menschen so geht, aber das spielt eigentlich auch gar keine große Rolle – denn ich weiß, wie man so etwas überwindet – nämlich durch Machen! Durch Scheitern, Dazulernen und Wiederholen.

Um die erste Hürde dieses Anfangens zu nehmen, habe ich begonnen, unkonventionelle Bücher zu machen. Sie richten sich an alle, die Dinge nicht mit dem Kopf, sondern mit den Fingern angehen wollen. Frei von Perfektion und frei von irgendwelchen Normen. Dafür aber mit einer verdammt großen Portion Charakter, Scheppness, Freude und Mut.

boesner: Abgesehen von der Technik selbst: Inwiefern unterscheiden beziehungsweise ergänzen sich die beiden Bücher? Und was hat es mit den unterschiedlichen Formaten auf sich?

Ramona: Die Bücher unterscheiden sich abgesehen von der Technik durch den Schwierigkeitsgrad voneinander. „Mal mit mir ein Krummtier“ ist sozusagen das Einsteigerbuch. Sobald du einen Stift halten kannst und etwas damit anzufangen weißt, ist das Buch geeignet (wir haben mit 3 Jahren begonnen). Es startet ganz am Anfang ganz vorne. Es macht sozusagen Mut. Und hat man dadurch dann entdeckt, dass man ein kleiner Picasso oder eine kleine Picassine ist, kann man zu „Aquarellier mit mir ein Krummtier“ übergehen und die Tiere mit Wasserfarben so richtig zum Leben erwecken, sie weiterdenken. Das ist kein Muss, aber vielen macht es Freude, ihre Krummtiere weiterzuentwickeln.

Im ersten Band ist das Format relativ lang, da ich wollte, dass die ersten wundervollen Kreationen, die entstehen, wie in einer Art Erinnerungsbuch für die Ewigkeit festgehalten sind. Man malt deshalb direkt ins Buch auf der rechten Seite. Ich weiß, das finden Viele befremdlich, aber ich kann aus Erfahrung sagen: „Wenn man in ein paar Jahren reinschaut, ist das unglaublich toll – und kein loses Blattwerk dieser Welt würde man so lange aufheben wie die „Krummtier-Bibel“ ;).

Die Aquarell-Version ist dahingehend etwas kürzer, da man nicht direkt ins Buch malt. Dafür kann man es ausgeklappt gut vor sich auf den Tisch legen kann, um nachzumalen.

boesner: Am Anfang war welches Krummtier?

Ramona: Man ahnt es ja fast: Dackel Detlef. Er war der erste und er ist das meistgemalte Motiv seit jeher. Er ist einfach zum Knutschen in seiner Wurstform, egal ob dick oder dünn, den nimmt jeder mit nach Hause.

boesner: Dackel Detlef ist ikonisch, heißt es im Buch „Mal mit mir ein Krummtier“. Wie kam es dazu? Und gibt es noch andere bemerkenswerte Tierfiguren?

Ramona: Ich weiß gar nicht mehr, wann der erste Dackel entstand, aber er begleitet mich seit Jahren. Ob als Kuscheltier, Rassel, Bettwurst, Patch, Brettchen, Bügelbild, Sticker … Dackel Detlef hat im Sturm die Herzen erobert und er ist von halfbird nicht wegzudenken. Wir haben aber auch noch andere Best Buddies für Detlef kreiert, es gibt Gans Gerda, Maik den Marienkäfer, Helge das Eichhörnchen, die Neintagsfliege, Fred Fuchs, Krokodil Kordula, Erdmännchen Schorsch, Spacehorn Sibill …

boesner: Was bedeutet eigentlich der Verlagsname halfbird? Er erzeugt ja eine Vorstellung, aber …

Ramona: Seit etwas mehr als 20 Jahren male ich. Und es gab mal eine Phase – ich nennen sie liebevoll „die Zwangsneurose“ (bitte nicht wörtlich zu nehmen ;-)), da habe ich monatelang Halbvögel gemalt. Runder Körper, lange Stummelbeinchen, kleiner Schnabel. Ich konnte nichts anderes malen. Es war grotesk 😀 Und damals schwor ich mir, sollte ich jemals ein Unternehmen gründen, ich werde es „halfbird“ nennen. 2014 war es dann soweit.

boesner: Liebe Ramona, vielen Dank für deine ausführlichen Antworten. Wir wünschen dir und uns noch viele schöne Krummtier-Bücher!

 

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