Material & Inspiration

Verwandlungskünstler

Wie lassen sich Stoffe verwandeln – vom fließenden Gewebe in stabile und dreidimensionale Strukturen? Wie werden feinste Papiere zur tragenden Skulptur?  Und welche Prozesse sind behilflich, um dem Ganzen Stand und Statik zu verleihen?

Versteifungsmittel kommen in der Textilindustrie seit Langem zum Einsatz; im Hausgebrauch kennt man sie z.B. als Wäschestärke aus Kartoffelmehl oder Reis für Leinen- und Baumwollgewebe oder Gardinen. In der Hutmacherei dienen entwachste Schellack-Flocken zur festen Unterstützung des Wollfilzes bei der endgültigen Ausarbeitung der Hutform. In der Kunst kommt bewährten und innovativen Versteifungsmitteln besondere Bedeutung zu: Sie geben Struktur, verleihen flexiblen Materialien eine feste Form und eröffnen so vollkommen neue künstlerische Möglichkeiten des Materials. Grundlage können Gewebe aller Art, Papiere, aber auch empfindliche, trockene organische Materialien sein. Im Folgenden werden drei solcher Versteifungsmittel vorgestellt: Produkte mit chemischen Komponenten, Gips und Leim.

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© Ina Riepe

Chemische Produkte ermöglichen die skulpturale Umformung von ursprünglich sehr leichtem, fließendem Material wie Seide in eine feste Form. Sie sind meist hell und dickflüssig und trocknen weißlich bis gelblich auf; andere Varianten sind (und bleiben) grauschwarz. Sie geben Form und Festigkeit, sind mit Pigmenten und Sand mischbar und ermöglichen das Modellieren von Skulpturen aus absorbierenden Materialien wie Textilien, Leder, Papier und Karton.

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Die vergleichsweise einfache Handhabung sollte mit Blick auf die Trocknungszeit getestet werden, denn die Flüssigkeit ist mitunter recht klebrig. Auch sollte zwischendurch überprüft werden, ob das Material z.B. an einer Form anhaftet.

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© Ina Riepe

Gut zu handhaben mit vergleichsweise kurzer Verarbeitungszeit: Hier gibt feinster Alabastergips, versetzt mit Wasser bis zur gewünschten, dünnflüssigen Konsistenz, feinem Chinapapier Festigkeit. Gips verleiht weichen und zarten Materialien Robustheit und setzt der Formgebung nur wenige Grenzen. Die geschnittenen oder gerissenen Papierstreifen gewünschter Breite werden mit Gips getränkt und lassen sich im feuchten Zustand drehen, rollen und knüllen. Besonders lange, stärker belastbare Stangen können im Vorfeld durch die Einlage feiner Drähte stabilisiert werden.

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Durchgetrocknet behalten die Papiere ihre Struktur, können mit Klebstoff oder ebenfalls mit Gips zu einer Skulptur zusammengefügt und farbig gefasst werden. Ein Klassiker zur Festigung und Versteifung von Geweben ist Hasenleim, der in der Handhabung chemischen Produkten ähnlich ist. Er ist preisgünstiger, muss aber erst warm gelöst werden. Die Konsistenz ist entscheidend: Bevor der Leim aufgetragen wird, sollte er abgekühlt, aber noch nicht erkaltet (und somit geliert) sein. In Leim getränkt werden können z.B. Gewebe aller Art, Pappen und Papiere, Schnüre, Fäden und Kordeln. In leicht feuchtem, noch formbarem Zustand wird das Material in die endgültige Form gelegt, gefaltet oder gehängt. Vollkommen – am besten über Nacht – ausgehärtet, wird das Objekt bruchfest, hart und starr. Es hängt oder liegt von allein und kann nach Belieben grundiert und farblich bearbeitet werden.

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© Ina Riepe

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