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Hintergrund

Falten, schneiden, sortieren …

Die Papierarbeiten von Stephanie Brysch

„Neben dem Zeichnen auf Papier war Papier als Material immer schon ein Teil meiner künstlerischen Arbeit“, erklärt die Künstlerin, die von den vielen unterschiedlichen Strukturen, Grammaturen und Farben fasziniert ist. „Papier ist ein tolles Material weil es einerseits so leicht ist, leicht zu bearbeiten, schneiden, reißen, falten und andererseits auch sehr viel aushält und in sich stabil ist.“

Besonders gerne arbeitet Stephanie Brysch mit Motiven, die sie mit Schere und Skalpell unter anderem aus den bedruckten Papierbögen von Zeitungen, Magazinen, Werbebroschüren herausschneidet. Einen großen Teil ihrer Arbeiten bilden aber Comiccollagen. Das scheint nur folgerichtig, da Stephanie Brysch ursprünglich Comiczeichnerin hatte werden wollen. Tatsächlich sind diese aber eher zufällig entstanden. Damals habe sie einen Stapel alter Comichefte geschenkt bekommen, die sehr zerlesen waren, erinnert sich die Künstlerin. „Ich habe überlegt, was man damit machen kann, und da haben die Figuren quasi gerufen, dass sie ausgeschnitten werden wollen. Ich habe dann entdeckt, dass es auch bei anderen Zeichnern und Geschichten immer wieder die gleichen Bilder gibt z.B. jemanden der nach oben zeigt, und begonnen diese Figuren zusammen zu bringen, sie neu zu sortieren. So sind die ersten Collagen entstanden.“

Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal
Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal
Stephanie Brysch - Materialfoto - Foto: Stephanie Brysch
Stephanie Brysch - Materialfoto Foto: Stephanie Brysch
Stephanie Brysch - Micky Maus 1990 Foto: Stephanie Brysch
Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal
Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal

Unabhängig von den Comiccollagen gilt für alle Collagen der Künstlerin, dass darunter manche Themen haben, also kleine Geschichten innerhalb des Bildes erzählen, es sich bei anderen hingegen lediglich um Sortierungen handelt, die allerdings aufgrund der Zusammenstellung ihrerseits eine Geschichte erzählen.

Die Figuren findet Stephanie Brysch in dem großen Archiv, welches sie über viele Jahre angelegt hat. Zu Beginn der Arbeit an einer Collage steht das Ausschneiden. In der Regel entwickelt die Künstlerin die Bildidee erst, wenn sie sehr viele Figuren ausgeschnitten und auf diese Weise aus ihrem ursprünglichen Kontext gelöst hat. Erst dann kann sie sie neu zusammenstellen: „Ich komme oft erst auf die neue Form, wenn die Figuren vor mir liegen und ich sie frei bewegen kann. Das macht den Schaffensprozess langwieriger, denn einfacher wäre es, auf der Grundlage einer Idee die für die Umsetzung notwendigen Figuren auszuschneiden,“ erklärt sie.

Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal.

Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal

Auch das Comic-Archiv in ihrem Dortmunder Atelier ist groß. Es umfasst unterschiedlichste Figuren, um bestimmte Themen behandeln zu können. Auf der Suche nach z.B. Hasen, Tanzenden, Wanderern oder Figuren, die Masken tragen, blättert sie alle Hefte durch und genießt dabei die verschiedenen Stile und Darstellungen. In den Comics spiegeln sich die unterschiedlichen Anschauungen einer Epoche. Mit der Zeit verändern sich die Bilder und die Geschichten. „Beim Thema Fußball ist es z.B. schwierig in den alten Heften spielende Frauen zu finden. Frauen sind lediglich Geliebte, die den Fußballhelden anhimmeln. Das hat sich zum Glück geändert und es gibt nun auch Mädchencomics mit Fußballerinnen, wenn natürlich auch noch wenige, aber es verändert sich“, stellt Stephanie Brysch fest.

Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal

Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal

Mit einem humorvollen Augenzwinkern regen ihre Zusammenstellungen dazu an, gewohnte Sichtweisen zu hinterfragen oder einen anderen Standpunkt einzunehmen. Sie finde es „spannend zu untersuchen, wie Klischees weitergegeben werden, wie Comics unsere Welt abbilden, wie wir Menschen mit unseren Eigenschaften entlarvt werden und dies durch meine Sortierungen vielleicht noch ein bisschen deutlicher wird.  Was durchaus lustig sein darf.“

Stephanie Brysch - Ausstellungsansicht

Stephanie Brysch - Ausstellungsansicht
Foto: Stephanie Brysch

Aber auch kritische Positionen finden Eingang in die Arbeiten von Stephanie Brysch. So setzt sie ihre während der Pandemie entstandene reisekritische Themenreihe „Bleiben Sie besser zuhause“ immer noch fort, weil der Massentourismus ihrer Meinung nach deutlich eingeschränkt werden muss. In dieser Serie können Bilder aus der realen Welt mit der Comicwelt zusammenkommen.

Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal.

Screenshot aus dem Video „ Stephanie Brysch - (De-)Konstruktion“, aus der Reihe „boesner.LEBEN“ produziert von Fynal

Ob sie aus der Welt der Comic entstanden sind oder die Figuren aus anderen Quellen stammen, viele Arbeiten der Papierkünstlerin sind dreidimensional umgesetzt. Papier behält für sie gerade in unserer immer digitaler werdenden Welt seinen Reiz. Ihr gefällt es, wenn man kleine Schatten zwischen den Figuren sieht, und nicht alles glatt retuschiert ist. „Daher baue ich gerne dreidimensionale Ebenen ein. Das erweitert die Möglichkeiten – Figuren können hinter andere Figuren treten, und das betont den analogen Charakter“, erklärt Stephanie Brysch. „Außerdem finde ich gut und wichtig, dass so die Rückseite durchschimmert, um zu zeigen, dass die Figuren aus Originalheften sind und es sich nicht um Kopien handelt. Das macht die Arbeiten einzigartig. Und man hat das Gefühl, dass die Figuren gerade aus dem Heft gesprungen sind.“

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Profile

Stephanie Brysch (*1976 in Wipperfürth) studierte 1997 -2004 an der Kunstakademie Münster in der Bildhauerklasse bei Paul Isenrath und Guillaume Bijl. Im Anschluss folge ein Meisterschülerjahr.

Parallel studierte sie Philosophie und Erziehungswissenschaften an der WWU Münster und absolvierte erfolgreich das Referendariat in Dortmund wo sie wohnhaft blieb und seit 2009 als freiberufliche Künstlerin arbeitet.

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