Kann ein Ganzes mehr sein als die Summe seiner Teile? Unbedingt, denn auch die individuelle Wahrnehmung spielt eine entscheidende Rolle: Wenn bewusst geteilte Szenen durch das Auge unmittelbar wieder zusammengefügt werden, gehen ihre besonderen Geschichten auch gern über die Bildgrenzen hinaus. Durch separate Rahmung und anschließende gemeinsame Hängung kann die Bilderzählung gedanklich ergänzt, verstärkt und weiterformuliert werden.
Eine Gliederung durch zwei, drei unkonventionelle Schnitte, gerahmt mit einer attraktiven Leiste, wirkt dekorativ und frisch. Ein exakt geteiltes Bild, dessen speziell abstrakte Elemente neu zusammengefügt werden können, sorgt für einen höheren Spannungswert. Zudem bietet ein variierender Austausch stets neue Ansichten.
Mehrteilige Bilder – ob Diptychen, Triptychen oder gleich Polyptychen, deren Anzahl von Elementen fast beliebig sein kann – stehen in einer langen Tradition. Spontan kommen mittelalterliche Altartwerke in den Sinn, mit denen mehr Inhalte erzählt und mehr Nebenfiguren eingeführt werden konnten als mit einem einzelnen Altarbild (und die im klappbaren Kleinformat auch mit auf Reisen gehen konnten). In der Emanzipierung von religiösen Zusammenhängen beweisen mehrteilige Bildwerke bis heute besonderen Charakter: Herausragendes Beispiel ist etwa der dreiteilige „Große Zoologische Garten“ des eifrigen Tierpark-Besuchers August Macke, und Francis Bacon gelang etwa mit seinen eindringlichen Diptychen und Triptychen der endgültige Durchbruch.
Ganz anders als die vorangegangenen Beispiele etwa diese Konzeption: In einem einzigen malerischen Prozess wurden auf großformatigem Zeichenpapier (von der Rolle, Höhe 1,96 m) vier Arbeiten erstellt, die trotz aller Unterschiede inhaltlich miteinander verbunden sind: Ausgehend von einem Stillleben wurden auf vier vormarkierten Feldern Einzelbilder gemalt, z. T. mit Wiederholungen in veränderter Weise, die das ursprüngliche Vorbild aus Tisch, Stühlen und einer Lampe aufgreifen.
Während das große, sechsteilige Wandensemble rechts den Prinzipien des Suchens und Zusammenfügens folgt, entsteht im linken Triptychon hingegen eine vergleichsweise surreale Wirkung: Sie wird durch die Verdoppelung des dargestellten, gebeugt malenden Mannes in zwei Größen und die Teilung des Bildes nochmals verstärkt, da der Fuß der größeren Figur über die Bildgrenzen hinaus einen Schritt ins rechte Bild unternimmt.
Sehr interessantes Thema ! Das erweckt gleich Ideen und ist anregnet. Vielen Dank.
Vielen Dank für Ihr schönes Feedback! Es freut uns sehr, dass der Beitrag Sie inspiriert. Beste Grüße, ihr boesner-Team
Sonst lese ich die gedruckte Version Eures Magazins immer, heute mal digital. Und bin froh, dass ich endlich mal die wunderbare Ina Riepe loben kann. Ich habe es erst spät (nach zwei Heften) begriffen, dass es immer ihre Werke sind (stimmt doch, oder?), außer bei den jeweiligen Künstler/innen Portaits etc. Solch eine Vielfalt und ich bin sehr oft begeistert, was wie Sie auf die Leinwand (in den Rahmen) bringt. Danke!
Es freut uns sehr, dass Sie sowohl die gedruckte als auch die digitale Version unseres Magazins genießen. Sie haben völlig recht: Die Beiträge aus der Rubrik „Technik“ und „Inspiration“ stammen meist von Ina Riepe. Beste Grüße, ihr boesner-Team