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Strich für Strich

Schraffuren mit der Feder bestimmen Tiefe und Textur

Ob Dürer, Raffael oder Leonardo, ob Rembrandt, Goya oder Tiepolo: Die Federzeichnung steht im Repertoire der großen Künstler in einer langen Tradition. Die Anzahl an Meisterzeichnungen, die mit der Feder geschaffen wurden, ist nahezu unüberschaubar, und es ist die jeweils persönliche Handschrift in Strich und Duktus, die ihren besonderen Charme ausmacht.

Zu den wohl ältesten Zeicheninstrumenten zählt die Rohrfeder. Bereits in der Antike zum Schreiben verwendet, bietet sie einen kraftvollen, ausdrucksstarken, mitunter auch eckigen Strich. In der Wandelbarkeit wurde dieses vergleichsweise starre Zeicheninstrument übertroffen von der beweglicheren, freieren Kielfeder, die feine und variantenreiche Linien erlaubt und in der Handhabung weitaus geschmeidiger ist. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war daher die Kielfeder das bevorzugte Zeichenmittel, bevor mit dem technischen Fortschritt die Metallfeder ihren Siegeszug antrat. Erfunden wurde sie in England: James Perry meldete seine Erfindung im Oktober 1830 zum Patent an.

Metallfedern gibt es in vielen Größen, Stärken und Breiten, spitz oder stumpf, rund, hart oder weich. Sie erlauben schwungvolle, schnelle Striche für Skizzen und Studien ebenso wie präzise Arbeiten mit Tinten und Tuschen, die in allen Farben bis hin zum tiefsten Schwarz, von transparent bis opak, wasserfest und wasserlöslich erhältlich sind.

„Man muß diese Welt begriffen haben, „um sie zeichnen zu können.“ Kurt Tucholsky

Der Alltag in einem Bistro wurde hier mit Zeichnungen in Bister und farbigen Antiktuschen festgehalten. Traditionell wurde der braune Bister, dessen Name aus dem Französischen stammt, aus Holzruß hergestellt. Der jeweilige Braunton – von Ocker über Rotbraun bis hin zum tiefen Dunkelbraun – hing von der verbrannten Holzart ab. Eine Bisterzeichnung ist mit ihrem teils schwebenden, transparenten Charakter und ihren feinen Lavierungen meist unverkennbar.

Schraffuren Ina Riepe 03
Foto: Ina Riepe
Schraffuren Ina Riepe 05
Foto: Ina Riepe
Schraffuren Ina Riepe 04
Foto: Ina Riepe
Schraffuren Ina Riepe 07
Foto: Ina Riepe

Licht und Schatten, Plastizität und Tiefe werden allein durch die Strichlagen der feinen Feder bestimmt: Übereinandergelegte Kreuzschraffuren schaffen Dreidimensionalität, parallele Schraffuren Struktur und Textur. Die Differenzierung der Bildebenen in Hinter-, Mittel- und Vordergrund wird auch durch Verdünnung der Tusche erreicht: Dunkles rückt in die Nähe, während Helles im Hintergrund bleibt. Die Linienführung folgt der Form des Gegenstandes, seine Topografie gibt die Bewegung der Feder vor. Die farbigen Tuschen setzen Akzente, durchbrechen die einheitliche Tonigkeit und erzeugen einen zusätzlichen Texturcharakter.

Schraffuren Ina Riepe 06
Foto: Ina Riepe
Schraffuren Ina Riepe 09
Foto: Ina Riepe
Schraffuren Ina Riepe 01
Foto: Ina Riepe
Schraffuren Ina Riepe 02
Foto: Ina Riepe
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